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Radio-Predigt Nr. 30
23. Dezember 1973

Verehrte Hörer! Herzlich grüße ich alle in dem teuren Namen des Herrn. Noch nie haben so viele geschrieben wie in den vergangenen Wochen. Unsere Betrachtungen über das letzte Buch der Bibel haben großen Anklang gefunden. Vielen hat der Herr die Augen geöffnet, so daß sie die biblischen Ereignisse aus einer völlig neuen Sicht sehen. Ich bin davon überzeugt, daß auch die noch folgenden Betrachtungen allen zum großen Segen werden.

Heute beginnen wir mit dem zweiten Siegel. Dazu lese ich aus Offb. 6,3-4: 

„Als das Lamm hierauf da» zweite Siegel öffnete, hörte ich das zweite Lebewesen rufen: ,Komm!’ Da kam ein anderes Roß, ein feuerrotes, zum Vorschein; und dem auf ihm sitzenden Reiter wurde die Macht verliehen, den Frieden von der Erde wegzunehmen, so daß sie einander niedermetzelten; und es wurde ihm ein großes Schwert gereicht.“ 

Bei Öffnung des zweiten Siegels rief das zweite Lebewesen: „Komm!“ Johannes sieht ein anderes Bild; ein blutrotes Roß mit dem darauf sitzenden Reiter. Er sieht den zweiten Reiter nicht auf einem anderen Tier, sondern wieder auf einem Roß. Daraus ersehen wir, daß es sich um das gleiche System in veränderter Form handelt.

Während der Zeit des ersten Siegels vergoß er noch kein Blut, deshalb sah Johannes ein weißes Pferd. In der Zeitspanne des zweiten Siegels sieht es anders aus. Dem Reiter wird die Macht verliehen, den Frieden von der Erde zu nehmen. Jesus Christus ist gekommen, uns den Frieden zu bringen, doch der Antichrist hat es fertiggebracht, bis in unsere Zeit hinein den Frieden von der Erde zu nehmen und die Menschen gegeneinander aufzubringen, so daß sie einander töten.

Hier sehen wir den Reiter nicht mehr mit einem Bogen ohne Pfeil, mit dem er nichts ausrichten konnte, sondern mit einem Schwert. Dieses Schwert ging nicht aus seinem Munde hervor; es ist nicht das Wort Gottes. Es ist ein irdisches Schwert, mit dem er Unheil auf der Erde anrichtet. Der Anfang war unscheinbar, die nötige Macht fehlte noch. Zuerst waren es Lehren, noch keine Dogmen und Gewaltausübung. Der Reiter auf dem weißen Pferd gab den Anschein, als sei alles christlich, doch sofern er zur Macht gelangte und gekrönt wurde, nahm er das Schwert zur Hand und vergoß das Blut der wahren Gläubigen. Da ein Geist nicht gekrönt werden kann, mußte er sich in dem falschen Propheten inkarnieren. Erst dann wurde ihm die Krone gereicht.

Mit Öffnung des zweiten Siegels beginnt die zweite Epoche der Kirchengeschichte. Ein blutrotes, bzw. feuerrotes Roß kommt zum Vorschein. Der Friede auf der Erde ist dahin. Der zur Macht gekommene Reiter wendet sein Schwert an, und überall findet furchtbares Blutvergießen statt. Während der Zeitspanne des ersten Siegels stand ihm nur die religiöse Macht zur Verfügung. Es war noch alles weiß und gab den Anschein der Unschuld und der Gerechtigkeit. Doch während der zweiten Epoche wurde die religiöse Macht mit der politischen verbunden. Kirche und Staat vereinigten sich. Religion und Politik machten gemeinsame Sache. Auch in jener Zeit dienten die wahren Gläubigen ihrem Herrn mit aufrichtigem Herzen. Die falsche Richtung jedoch festigte ihre weltliche und religiöse Macht. Zu dieser Zeit fiel der religiöse Einfluß auf die weltliche Macht bedeutend ins Gewicht. Nichts lag jetzt näher, als die religiös-politische Macht zu gemeinsamen Zwecken zu gebrauchen. Beide waren voneinander abhängig und aufeinander angewiesen. Man muß zur Kenntnis nehmen, daß der religiöse Herrscher jeweils die Macht an sich riß und die Hauptrolle unter dem Volke spielte, weil er ihre Gewissen beherrschte. Die weltlichen Herrscher drohten niemandem mit Höllenqualen, der sich ihnen nicht fügte. Zu dieser Zeit formte sich die vom Worte Gottes abgewichene Richtung zu einer festen Organisation. Man legte in Nizäa die Richtlinien für einen universell gültigen Gottesdienst fest und für das, was geglaubt werden sollte. Überall sollte alles einheitlich zusammengefaßt werden. Dem Heiligen Geist blieb keine Wirkungsfreiheit mehr. Menschen hatten alles in eine Form hineingedrängt und bestimmten, wie der Gottesdienst zu verlaufen hatte. In dem Moment, wo eine Gemeinde zu einer festen Form wird, kann der Heilige Geist nicht mehr wirken. Da beginnen Menschen auf ihr Amt hinzuweisen, um andere zu beherrschen. In der wahren Gemeinde Jesu Christi herrscht nicht einer über den anderen. Das Heil wird nicht von einem Sakrament, einem Amtsdiener oder einer Gemeinde abhängig gemacht, sondern einzig und allein von dem Glauben an Jesus Christus, denn die Schrift sagt: 

„Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du und dein Haus selig werden.“

Die wahren Gläubigen gingen in der Zeit durch schwere Verfolgungen. Sie starben massenweise auf den Scheiterhaufen, blieben aber ihrem Herrn und Erlöser treu, der sie geliebt und sich ihnen geoffenbart hatte. Ihnen stand die Verheißung des Wortes stets vor Augen: 

„Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“ 

Dem Antichristen wurde nicht die Krone des Lebens gereicht, sondern nur eine Krone, die weltliche Macht repräsentiert.

Die Öffnung der Siegel beleuchtet nicht nur die Vergangenheit, sondern wirft ein helles Licht auf diese Zeit. Denn in unserer Generation hat man sich das Ziel gesteckt, alle Religionen unter einem Haupte zusammenzubringen. Wie damals, strebt man auch jetzt eine politisch-religiöse Einheit an. Wer sich dieser Einheit widersetzen wird, muß mit Verfolgung und Boykott rechnen. Doch unsere Losung ist die der wahren Jünger Jesu: 

„Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn!“ 

Wer mit Ihm lebt, möchte in keinem Fall ohne Ihn sterben. Es ist besser, mit Ihm zu sterben, als ohne Ihn zu leben. Wenn dieses alles im Begriff ist, hereinzubrechen, so dürfen wir unsere Häupter erheben und wissen, daß sich unsere Erlösung naht.

In der ersten Zeit stießen beide Richtungen des Christentums – das Echte wie das Unechte – überall auf Widerstand und Ablehnung. Erst während der Zeit des zweiten Siegels hatte sich die nikolaitische Richtung so weit vom Worte Gottes abgewandt, daß ein allgemeines Volkschristentum proklamiert werden konnte. Einzelne Menschen und ganze Völker wurden freiwillig oder mit Zwang diesem religiösen System unterworfen.

Es muß jedoch betont werden, daß der Unterschied zwischen diesen beiden christlichen Richtungen seit jeher bestand. Die wahren Gläubigen haben niemals das irdische Schwert gebraucht. Sie hatten das Schwert des Geistes, das Wort Gottes. Sie brauchten keine politische oder weltliche Macht, die ihnen half, denn sie hatten die Waffenrüstung Gottes angezogen, um den geistlichen Kampf zu kämpfen. Dieser Kampf besteht nicht darin, sich Menschen Untertan zu machen, sondern die Menschheit von den Mächten der Finsternis zu befreien. 

Verehrte Hörer! Uns geht es in dieser Zeit darum, daß die wahren Gläubigen den Mächten der Finsternis entrissen werden, die ihre Herrschaft auf religiösem Gebiet ausüben, und daß sie zur Erkenntnis des Willens Gottes kommen und zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes gelangen. 

Johannes hörte immer wieder den Aufruf: „Komm!“ Dann sah er, was in Zukunft geschehen würde. Dieselbe Stimme ruft einem jeden von uns heute zu: „Komm!“ Auch wir sehen durch göttliche Offenbarung, in welch einer Weise das Wirken Jesu Christi in Seiner Gemeinde stattfand und wie die Machtausübung des Antichristen durch die Jahrhunderte vor sich ging. In welchem Lager befinden Sie sich? Werden Sie von Menschen oder von Gott beherrscht? Glauben Sie das Wort Gottes, wie es geschrieben steht oder menschliche Deutungen? Der Herr hat die Siegel in dieser Zeit gebrochen, um den Seinen die geistliche Erleuchtung zu geben. 

Wir wollen beten.

Himmlischer Vater, ich bitte Dich, segne alle, die Dein Wort gehört haben. Gib erleuchtete Augen des Herzens und hilf den Deinen in Ost- und Westeuropa und auf der ganzen Erde. Schenke allen Gnade, Dein geoffenbartes Wort aufzunehmen, besonders in diesen Tagen, wo alle Christen Deiner Menschwerdung gedenken. Möge Christus in allen neu geboren werden. O Gott, beschenke alle und segne alle in besonderer Weise. Ich bitte es in Jesu Namen. Amen.